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FRENGER | STRAFRECHT

EncroChat: Antrag auf Anpassung einer rechtskräftigen Verurteilung nach § 29a BtMG wegen Cannabis gestellt

VON RA Frenger 30. Mai 2024

Hier ein Auszug:

Die Einführung des KCanG findet ihre Ursache in einer bereits Jahrzehnte andauernden gesellschaftlichen Debatte über die (Un-)Gefährlichkeit von Cannabis. Die von dem Gesetzgeber nunmehr verbindlich kon...

Hier ein Auszug:

Die Einführung des KCanG findet ihre Ursache in einer bereits Jahrzehnte andauernden gesellschaftlichen Debatte über die (Un-)Gefährlichkeit von Cannabis. Die von dem Gesetzgeber nunmehr verbindlich konstatierte „veränderte Risikobewertung“ hat zu einer Streichung des Stoffes THC aus den Anlagen des BtMG geführt. Es sind großzügige Besitzmengen legalisiert worden, gleichzeitig ist der (gemeinschaftliche) Anbau von Cannabis im großen Stil ab dem 01.07.2024 genehmigungsfähig. In einem nächsten Schritt, soll auch der gewinnbringende Verkauf von Cannabis - zunächst versuchsweise - legalisiert werden. 

Grund für die Einführung des KCanG ist nach der Gesetzesbegründung auch der Schutz vor Gefahren durch den Konsum von Cannabis. Gefahren sollen nach der Gesetzesbegründung für den Konsumenten vor allem von nicht bekannten - hohen - Wirkstoffgehalten ausgehen, welche man durch regelmäßige Kontrollen des Anbaus in den Griff bekommen will. Der Gesetzgeber hält Wirkstoffgehalte von 10% für erstrebenswert. 

Der Verurteilte ging nach den Urteilsfeststellungen stets mit Cannabis um, dessen Wirkstoffgehalte in der von dem Gesetzgeber des KCanG avisierten Größenordnung lagen. Mit dem von dem Gesetzgeber für bekämpfenswert - weil gesundheitsschädlich - erachteten Cannabis mit hohem Wirkstoffgehalt ging er nie um. 

Ein Festhalten an den gegen den Verurteilten festgesetzten Einzelstrafen kann vor dem Hintergrund nicht vertreten werden. Es führte zu einer unbilligen - willkürlichen - Ungleichbehandlung. 

Das gegen ihn gesprochene Urteil ist seit dem Oktober 2023 rechtskräftig, das KCanG trat zum 01.04.2024 in Kraft: Wäre über die Revision gegen eben dieses Urteil 173 Tage später entschieden worden, wäre das KCanG gem. 2 Abs. 3 StGB zu berücksichtigen gewesen. Die Gesetzesänderung hätte wegen § 354a StPO eine Aufhebung des Urteils gezeitigt. 

Dass das Urteil bereits in Rechtskraft erwachsen war, hing vom bloßen Zufall - nämlich der Arbeitsauslastung des Erkennenden wie des Revisionsgerichts - ab. In anderen, gleichgelagerten Strafsachen führt eben jener Zufall dazu, dass bereits gesprochene Urteile aufgehoben und zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen werden müssen. 

Dass die Zukunft eines Bürgers - namentlich die Frage der Dauer einer zu verbüßenden Freiheitsstrafe - in einem rechtsstaatlichen Verfahren von den Unwägbarkeiten des Zufalls abhängt, ist einem Rechtsstaat unwürdig. 

Absurd erschiene ein Festhalten an dem gesprochenen Urteil vor dem Hintergrund der mit der Einführung des KCanG einhergehenden Veränderungen der Strafprozessordnung, welche zur Unverwertbarkeit von Erkenntnissen aus dem EncroChat-Komplex bei Vorwürfen nach dem früheren § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG und dem jetzigen § 34 Abs. 3 Nr. 4 KCanG führen. Der Verurteilte müsste nunmehr freigesprochen werden! 

Zufall - und nicht ausschließbar in anderen Fällen das ganz bewusste Entziehen aus dem Zugriff der Strafjustiz - führen in diesen Fällen zur denkbar krassesten Privilegierung, dem Freispruch.  Dass der Verurteilte, der sich dem Verfahren gestellt, kooperativ und zudem geständig gezeigt hat, nunmehr eine ungleich harte Strafe verbüßen muss, ist schlicht ungerecht. 

Bild: Pixabay