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FRENGER | STRAFRECHT

Putativnotwehr im deutschen Strafrecht – Irrtum mit weitreichenden Folgen

VON RA Frenger 17. September 2025

Bedeutung des Begriffs

Die Putativnotwehr beschreibt eine rechtliche Konstellation, in der eine Person glaubt, sie müsse sich gegen einen Angriff verteidigen – tatsächl...

Bedeutung des Begriffs

Die Putativnotwehr beschreibt eine rechtliche Konstellation, in der eine Person glaubt, sie müsse sich gegen einen Angriff verteidigen – tatsächlich liegt jedoch kein objektiver Angriff vor. Der Täter handelt also im Irrtum über die Realität.

Für das Strafrecht ist dieser Irrtum besonders wichtig, da er über Schuld, Strafe oder sogar Straffreiheit entscheiden kann.


Putativnotwehr, Notwehr und Notwehrexzess im Vergleich

Um die Putativnotwehr zu verstehen, lohnt sich der Blick auf ihre Abgrenzung zu anderen strafrechtlichen Verteidigungsformen:

  • Notwehr (§ 32 StGB): Ein tatsächlicher, gegenwärtiger Angriff wird abgewehrt.
  • Notwehrexzess (§ 33 StGB): Ein Angriff liegt vor, doch die Verteidigung fällt übermäßig stark aus.
  • Putativnotwehr: Es besteht kein realer Angriff, aber der Handelnde meint irrtümlich, in Notwehr handeln zu müssen.

Rechtlicher Hintergrund

Die Putativnotwehr ist nicht ausdrücklich im Strafgesetzbuch geregelt. Juristisch wird sie über folgende Vorschriften eingeordnet:

  • § 16 StGB (Tatbestandsirrtum) – fehlende Kenntnis eines entscheidenden Umstands
  • § 17 StGB (Verbotsirrtum) – Irrtum über die Rechtswidrigkeit des Verhaltens
  • § 32 StGB (Notwehr) – gesetzliche Grundlage für echte Notwehr

Die rechtliche Diskussion dreht sich häufig um die Frage, ob ein solcher Irrtum die Schuld ausschließt oder lediglich strafmildernd wirkt.


Typische Beispiele aus der Praxis

  • Jemand hört nachts Geräusche am Fenster und glaubt, ein Einbrecher wolle eindringen – tatsächlich ist es ein Nachbar, der Hilfe sucht.
  • Ein Spaziergänger sieht im Dunkeln eine Gestalt auf sich zukommen und hält sie für einen Angreifer, obwohl es ein Freund ist.
  • Ein Jäger interpretiert Bewegungen im Gebüsch falsch und meint, es handle sich um eine Bedrohung.

Diese Szenarien zeigen: Putativnotwehr entsteht oft aus Stresssituationen, schlechter Sicht oder Fehlinterpretationen.


Folgen für die Strafbarkeit

Ob ein Angeklagter wegen einer Handlung in Putativnotwehr verurteilt wird, hängt maßgeblich davon ab, wie der Irrtum juristisch bewertet wird:

  • Unvermeidbarer Irrtum: Keine Schuld, somit keine Strafe.
  • Vermeidbarer Irrtum: Eine Strafe kann folgen, wenn von Fahrlässigkeit auszugehen ist.
  • Bewusste Missachtung klarer Umstände: In solchen Fällen kann sogar eine vorsätzliche Tat angenommen werden.

Bedeutung für die Verteidigungsstrategie

Ein erfahrener Fachanwalt für Strafrecht prüft bei Vorwürfen rund um Putativnotwehr unter anderem:

  1. Ob die Situation aus Sicht des Mandanten nachvollziehbar eine Bedrohung darstellte.
  2. Ob der Irrtum bei sorgfältiger Betrachtung vermeidbar gewesen wäre.
  3. Welche Beweismittel (z. B. Zeugenaussagen, Gutachten, Videoaufnahmen) die subjektive Sichtweise stützen.
  4. Ob eine vollständige Straffreiheit oder zumindest eine erhebliche Strafmilderung erreicht werden kann.

Warum anwaltliche Hilfe unverzichtbar ist

Gerade in Verfahren, in denen Putativnotwehr eine Rolle spielt, geht es um die genaue Analyse von Tatsachen und rechtlichen Bewertungen. Schon kleine Details können entscheidend sein.

Ein Strafrecht Anwalt in Berlin kann frühzeitig Einfluss auf das Verfahren nehmen, Fehler in der Ermittlungsarbeit aufdecken und eine durchdachte Verteidigungsstrategie entwickeln.